Ein Megatrend, der einen langfristigen Paradigmenwechsel bedeutet, ist das nachhaltige Investieren. Denn die von der Politik, ob national oder international, vorgegebenen CO2-Reduktionsziele können nur durch ausreichend Kapital herbeigeführt werden – und das muss irgendwo herkommen: von institutionellen wie privaten Anlegern. Nachhaltig investieren für Dummies: Alexandra Bolena, seit 2001 in der Finanzbranche tätig und seit 2020 selbstständige Investorin in Sachen Impact Investments, gibt in der bekannten „für Dummies-Reihe“ jetzt auf 300 Seiten einen aktuellen Einblick in die ausufernde Thematik. Wie immer bei den Dummies leicht verständlich, nachvollziehbar und ohne bombastischen theoretischen Überbau geschrieben. Das ist nicht ganz einfach, denn bei Nachhaltigkeit, Sustainable Finance oder wie auch immer stolpert man gerne über die Fülle an politischen Regulierungsmaßnahmen, die angestoßen, in Umsetzung oder bereits wirksam sind, um nichts weniger als eine Finanzwende hinzubekommen. Insofern ist es mutig, ein Buch herauszugeben, denn die Verfallszeiten sind ausgerechnet bei nachhaltigem Investieren kurz. Aber die Verfasserin ist sich des Problems bewusst – und des Aufwands künftiger Neuauflagen!
Der Aufbau des Buches
Bolena nähert sich dem Thema mit den grundsätzlichen Fragen: Warum nachhaltig investieren? (Teil I des Buches), woran erkennt man Nachhaltigkeit (Teil II) und wie investiert man nachhaltig (Teil III und IV). Wie immer in der „Für-Dummies-Reihe“ schließt ein Top-Ten-Teil mit zum Beispiel „Zehn Fragen für Ihr Gespräch mit dem Finanzberater“ oder, bei dieser Thematik sollten Sie dies am besten bereits im Vorhinein lesen (und auswendig lernen): „Zehn Abkürzungen, die Sie als nachhaltiger Investor kennen sollten“.
Böses verhindern oder Gutes schaffen
Schauen wir kurz auf das Warum, während in den folgenden Kapiteln dann die Tipps kommen, von denen wir nicht zu viel verraten möchten – Autoren schätzen es, wenn man ihre Bücher positiv bespricht, noch mehr aber, wenn man ihre Bücher auch kauft! Es gibt mehrere Motive, warum Anleger nachhaltig investieren möchten, wobei ethische, also religiöse oder spirituelle Gründe, inzwischen etwas ins Hintertreffen geraten sind. Des Weiteren gilt es, so Bolena, sich darüber klar zu werden, ob man eher Schlimmes vermeiden möchte – also Ausschlusskriterien berücksichtigen – oder einen fördernden Ansatz wünscht, also Impact Investing betreiben will. Mit diesen drei Investmenttypen setzt sich Bolena in jeweils einem Kapitel auseinander – je nach eigener Einstellung und Motivation findet hier der Leser das für ihn am besten zutreffende Investitionsverhalten. Aber wie anwenden?
Kein Schaden für die Umwelt
Erst einmal gilt es, Klarheit darüber zu verschaffen, welche Anlagen welchen Investmentansatz befriedigen können, worauf Teil II Antwort gibt. Hier stellt die Verfasserin das „DNSH-Prinzip“ vor: „Do No Significant Harm“ verbirgt sich dahinter, man solle also der Umwelt keinen signifikanten Schaden zufügen. Leichter gesagt, als getan, wie wir alle aus dem Alltag nur zu gut wissen. Aber dieses Prinzip gilt als eine Art Leitmotiv für den EU-Aktionsplan zur Klimakrise, der sowohl das Pariser Klimaabkommen als auch die Agenda 2030 der Vereinten Nationen für nachhaltige Entwicklung konkretisieren möchte. Damit wir bei der Kapitalanlage keinen Schaden anrichten (können), gibt es eine Reihe von Ausschlusskriterien, die Bolena durchdekliniert und interessante Unterschiede zwischen Deutschland, Österreich und der Schweiz bei der Wahl der beliebtesten dieser KO-Kriterien vorstellt - so wird beispielsweise Alkohol durchaus unterschiedlich bewertet. Wem das jedoch zu wenig ist, dem bietet Bolena ein eigenes Kapitel für Weltverbesserer – Impact Investing – an.
17 Ziele für eine bessere Welt
Nachdem nun geklärt ist, in welcher Form man nachhaltig investieren möchte, bleibt die Frage, wie man nachhaltige Investments überhaupt erkennen kann. Zu einen gibt es da die Zauberformel SDG, also die 17 Sustainable Development Goals, die der Club of Rome aufgestellt und sich die UN zu eigen gemacht hat. Zum anderen die EU-Taxonomie, die jedoch noch im Werden ist. Änderungen und konträre Standpunkte inbegriffen, man denken nur an das Beispiel Atomenergie, die in Frankreich als nachhaltig, weil CO2-vermeidend, eingestuft wird, in Deutschland jedoch ein absolutes No Go ist.
Nachhaltige Assets
Aber, wie angedeutet, die interessantesten Kapitel für Anlegerinnen und Anleger, die ihr Geld endlich nachhaltig investieren wollen und damit die Welt nicht schlechter und vielleicht sogar besser machen wollen, verbergen sich im dritten Teil und reichen von Aktien und Aktienfonds, über ETFs, Anleihen, Pfandbriefe bis zu Green und Social Bonds. Alles Assets, die die Börse bietet, weshalb es uns als Rezensent quasi kraft Amtes etwas zu denken gegeben hat, dass das Stichwort „Börse“ im Register nicht vorkommt, aber uns die gute Gelegenheit bietet, auf „Börse für Dummies“ (6. Auflage 2020) und „Aktien für Dummies“ (3. Auflage 2022) hinzuweisen – in denen dies Thematik erschöpfend erklärt wird.
Gute Übersicht
Doch zurück zu Alexandra Bolena: Sie befasst sich im vierten Teil ihres flott geschriebenen und leicht wie erkenntnisreich formulierten Buches mit „Investments mit längerfristiger Bindung“ und fasst darin Social Impact Bonds und Social Private Equity Funds genauso zusammen wie Mikrofinanz und Crowdinvesting. Nicht einmal den Kauf von Immobilien lässt sie aus und unterzieht auch die Erneuerbaren Energien einer genaueren Analyse. Obwohl sich das letzte Kapitel vor dem für Dummies-Bücher üblichen Top-Ten-Teil mit der Anlage in Wald befasst, eines ist sicher: Nachhaltig Investieren ist zwar ein ausgesprochen komplexes Thema, trotzdem verliert sich Alexandra Bolena nicht in Details – sie sieht den Wald trotz aller Bäume deutlich! Insofern, gerne als Weihnachtsgeschenk unter den Baum legen!