Industrieproduktion steigt, Ausblick bleibt aber mau

Dr. Johannes Mayr, Eyb & Wallwitz
Dr. Johannes Mayr / Bild: Eyb & Wallwitz
Die deutschen Industrieunternehmen haben ihre Produktion im Oktober deutlich gesteigert. Vor allem die PKW-Produktion hat sich nach sehr schwachen Vormonaten erholt. Dennoch sind die Daten wohl nur ein Strohfeuer. Denn die Angebotsengpässe dürften die Abarbeitung der rekordhohen Auftragsbestände noch bis Mitte 2022 behindern. Der Anstieg der COVID-Fallzahlen in vielen wichtigen Absatzmärkten kommt dazu. Der Winter wird deshalb hart für die Industrie und die deutsche Wirtschaft.
Die Industrieproduktion in Deutschland ist im Oktober um 2,8 Prozent zum Vormonat gestiegen und hat die Erwartungen damit deutlich übertroffen. Verantwortlich für die Erholung war vor allem eine deutlich stärkere Produktion der Automobilhersteller (+12,6 Prozent), die nach einem sehr schwachen ersten Halbjahr ihre Produktion zuletzt wieder spürbar gesteigert haben. Der Start ins vierte Quartal ist der Industrie damit gelungen. Dennoch bleiben die Aussichten für das Winterhalbjahr trübe. Denn die Angebotsengpässe werden die Abarbeitung der rekordhohen Auftragsbestände noch bis Mitte 2022 belasten. In einer Umfrage des ifo Instituts bezifferten die Unternehmen diesen Zeitraum mit durchschnittlich acht Monaten. Im bisherigen Jahresverlauf war die Produktion bereits deutlich hinter der Entwicklung der Auftragseingänge zurückgeblieben.

Die Nachfrage lässt nach

In den kommenden Monaten kommt nun ein Problem auf der Nachfrageseite dazu. Die Auftragseingänge haben zuletzt an Tempo verloren. Der starke Anstieg der COVID-Fallzahlen in Deutschland wie auch in vielen Absatzländern verspricht dabei nichts Gutes für die kommenden Monate. Trotz der guten Daten heute wird die Industrie das Wirtschaftswachstum im vierten Quartal deshalb kaum nennenswert stützen. Gleichzeitig deutet sich ein Umsatzrückgang bei den Dienstleistern an, die durch die verschärften COVID-Regelungen und eine vorsichtigere Haltung der Konsumenten gebremst werden. Die deutsche Wirtschaft dürfte deshalb im Winterhalbjahr kaum wachsen. Besserung ist erst im Frühjahr in Sicht, wenn die Restriktionen wieder gelockert werden sollten.

Gegenwind durch COVID

Für die Finanzmärkte bedeutet das Auf und Ab der COVID-Wellen und die bestehenden Engpässe weiterhin Gegenwind. Die skeptischere Haltung von Investoren dürfte auch der heute zur Veröffentlichung anstehende ZEW-Index für Dezember zeigen. Nachhaltige Rücksetzer dadurch sind aber nicht zu erwarten. Denn eine temporär schwächere Konjunktur mindert das Risiko einer raschen Wende der Geldpolitik in Reaktion auf die hohe Inflation. Und in dieser liegt das eigentliche Risiko für die Finanzmärkte.
Dr. Johannes Mayr ist Chefvolkswirt der Eyb & Wallwitz Vermögensmanagement GmbH, einer der größten in Deutschland für die Finanzportfolioverwaltung zugelassenen unabhängigen Verwaltern mit Sitz in München und Frankfurt.