Growth-Aktien in der Erholung: Die flexible Mischung machts

Rob Samson, Nikko Asset Management
Rob Samson / Bild: Nikko Asset Management
Das Virus ist noch nicht besiegt, die Geldpolitik wird nicht auf Dauer so expansiv bleiben, die globalen Lieferketten werden angepasst, der Klimawandel fordert Handeln statt Worte. Die Erholung in diesem Umfeld sehen wir nicht gefährdet. Aber Anleger sollten sich darauf einstellen, wie sie sich im Zeitablauf verändert.

Wachstumskurs fordert Flexibilität

Die Kombination aus Nachfragenormalisierung und staatlichen Impulsen dürfte reflationär wirken. Das kommt zyklischen Vermögenswerten zugute und würde das Wachstum von der Investitions- und der Endnachfrageseite her unterstützen. Die Umgestaltung der Lieferketten und die Eindämmung des Klimawandels bringen zusätzliche Investitionen mit sich.
 
Auch an den Börsen dürften die Zykliker profitieren, einschließlich der „weniger grünen“ Rohstoffe, die für die Erreichung der Klimaziele notwendig sind. Wachstumswerte, einschließlich Technologiewerte, könnten auf kurze Sicht leiden, da die Reflation die Renditen ansteigen lässt. Für das künftige Wachstum sind Technologien jedoch von zentraler Bedeutung – die langfristigen Ertragsaussichten des Sektors zeigen daher nach oben.
 
Ein schwächeres Wachstum wäre für Zykliker weniger vorteilhaft. Langfristige Wachstumswerte aber könnten sich weiterhin gut entwickeln. Das gilt auch, wenn sich im Zuge der Normalisierung der US-Geldpolitik die Zinsen auf ein normaleres Niveau steigen. Geht schwächeres Wachstum mit hartnäckiger Inflation einher, müssten die Zentralbanken ihre Zügel straffen und die Fiskalpolitik einlenken. Dieses Szenario ist zwar unwahrscheinlich, würde aber eine defensivere Haltung mit niedriger Duration und ausgewählten Rohstoffanlagen erfordern.

Inflation im Auge behalten

Bislang scheint die Inflation nur vorübergehend zu sein. Angebotsstörungen, zum Beispiel auf dem Automobilmarkt, normalisieren sich, was zu einem Rückgang der Inflation führt. Die Inflationsdebatte ist jedoch noch nicht vom Tisch. Der Lohndruck ist derzeit hoch und könnte sich als hartnäckig erweisen, da sich die Zahl der offenen Stellen auf Rekordhoch befindet und die Arbeitslosigkeit rasch sinkt.
 
Auch politische Faktoren tragen zur Inflation bei, zum Beispiel die lockere Finanzpolitik. Hatte die Globalisierung in den vergangenen 20 Jahren zur Disinflation beigetragen, könnte die Deglobalisierung den Inflationsdruck noch verstärken. Maßnahmen zur Verringerung von Emissionen könnten sich ebenfalls als inflationär erweisen. Schon jetzt wird weniger in fossile Brennstoffe investiert, aber es wird Jahrzehnte dauern, bis die Energieversorgung vollständig auf erneuerbare Energien umgestellt ist. Die Energiepreise dürften also hoch bleiben.
 
Die stärkste langfristige Kraft gegen Inflation kommt von der Technologie. Innovationen schaffen Effizienz. Fortschritte bei Computern, künstlicher Intelligenz und Robotik könnten inflationshemmend wirken. Der kurzfristige Inflationsdruck ist es jedoch, der die die Politik der Zentralbanken bestimmt. Die Fed zeigt mehr Bereitschaft, eine gewisse Preissteigerung zuzulassen. Hält sich diese aber hartnäckig, wird die Fed irgendwann aggressiver reagieren müssen. Dies würde die Wachstumsaussichten deutlich verschlechtern.

Fazit: Anpassungsfähig bleiben!

Die Aussichten sind also insgesamt positiv, aber variantenreich. Das spricht für eine kombinierte Anlage in Wachstumswerte – eine Mischung aus zyklischen Engagements, die vom Aufschwung profitieren, und langfristigem Wachstum, das von anhaltenden Innovationen und hohen Gewinnen profitieren wird. Entscheidend wird sein, sich an den Verlauf des Aufschwungs flexibel anzupassen – egal ob dieser reflationär, wachstumsschwach oder (in weiter Ferne) inflationär ausfällt.
 
Auf der defensiven Seite bevorzugen wir eine kurze Duration, da die Kombination aus Erholung und Ausstieg aus der lockeren Geldpolitik die langfristigen Zinsen ansteigen lassen dürfte. Je nach Verhältnis von Reflation und Inflation könnten sich außerdem Rohstoffe als bessere Anlage erweisen als festverzinsliche Titel.
Rob Samson ist Joint Head of Global Multi-Asset bei Nikko AM.