Entwarnung bei den Inflationssorgen

Dr. Johannes Mayr, Eyb & Wallwitz.
Dr. Johannes Mayr / Bild: Eyb & Wallwitz.
Die US-Inflation lag im August mit 5,3 Prozent über Vorjahr erneut auf hohem Niveau. Allerdings fiel der monatliche Preisauftrieb nach starken Zuwächsen in den vergangenen Monaten überraschend niedrig aus. Die Daten signalisieren, dass akute Sorgen vor einem Entgleisen der Inflation oder einer Inflationsspirale überzogen sind. Die FED hat mit ihrer Einschätzung eines temporären Inflationsbuckels die Argumente auf ihrer Seite. Gleichzeitig dürfte die Konjunktur im vierten Quartal etwas an Dynamik verlieren. Dennoch sollte die FED das aktuelle Fenster für einen Tapering-Beschluss im Schlussquartal nutzen und ihr Anleihekaufprogramm in den kommenden Monaten schrittweise herunterfahren.
Mit 5,3 Prozent zum Vorjahr lag die Inflationsrate im August leicht niedriger als im Juli. Der Anstieg der Verbraucherpreise zum Vormonat fiel mit 0,3 Prozent etwas schwächer als erwartet aus. Die Kerninflation lag bei 4,0 Prozent zum Vorjahr, die Preise stiegen zum Vormonat nur um 0,1 Prozent. Die bisher stark treibenden Komponenten aus dem Transportbereich (Preise für Gebrauchtwagen, Mietwagen, Flugreisen) sind im August wieder etwas gesunken sein. Dafür haben die Preise für Neuwagen deutlich zugelegt. Auch die Benzinpreise sind weiter gestiegen. Treiber der Inflationsrate sind also weiter vor allem Angebotsengpässe in zuvor stark von der Pandemie betroffenen Bereichen. Der Anstieg der Mieten hat sich dagegen abgeschwächt.

Investoren blicken entspannt auf FED

Die FED dürfte die heutigen Daten mit Erleichterung aufgenommen haben und sich in ihrem Narrativ eines nur temporären Anstiegs der Inflation bestätigt sehen. Die Daten geben der Notenbank Spielraum, den Zeitpunkt des Tapering-Beschlusses ohne zu großen Preisdruck festzulegen. Nach den Äußerungen von FED-Chef Powell in Jackson Hole spielt das Tempo der Erholung am Arbeitsmarkt nun die entscheidende Rolle. Der enttäuschende Stellenaufbau im August hat die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass die FED nicht bereits auf ihrer Sitzung kommende Woche, sondern erst im November oder Dezember den Tapering-Beschluss fassen wird. Dafür sprechen auch die zuletzt etwas schwächeren Frühindikatoren und die konjunkturellen Risiken durch die erneut hohen COVID-Neuinfektionen in den USA. Die FED verspricht sich von weiteren Datenveröffentlichungen in den kommenden Wochen mehr Klarheit zur Stärke der Konjunktur und der Erholung am Arbeitsmarkt im Schlussquartal. Hier könnten die Daten zur US-Industrieproduktion morgen bereits ein erstes Signal liefern. Investoren blicken weiterhin recht entspannt auf die kommende Weichenstellung der US-Geldpolitik. Denn die bevorstehende Reduktion der QE-Käufe wird nicht als Signal einer raschen Zinsanhebung gedeutet. Der erste Zinsschritt wird nach wie vor erst Anfang 2023 eingepreist. Solange dies so bleibt, bleibt auch das Finanzierungsumfeld günstig und gibt den Aktienmärkten weiter Rückenwind. Die FED sollte die Chance eines Einstiegs in den Ausstieg aus der quantitativen Lockerung deshalb nicht verpassen. Denn besser wird das Marktumfeld wohl nicht. Renditen und Risikoprämien sind niedrig und am Aktienmarkt notiert die Mehrheit der Indizes nahe ihrer Allzeithochs.
Dr. Johannes Mayr ist Chefvolkswirt von Eyb & Wallwitz.