Mit Steuerpolitik Anreize für die Aktienanlage setzen

Thomas Soltau, wallstreet:online capital AG
Thomas Soltau / Bild: wallstreet:online capital AG
Ein „heißer Herbst“ steht in Deutschland bevor: Am 26. September wird die Ära Angela Merkel nach 16 Jahren zu Ende gehen. Aktuell deutet alles auf ein spannendes Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen den Spitzenkandidaten hin. Zwar liegen nach derzeitigen Umfragewerten die CDU und CSU mit Kanzlerkandidat Armin Laschet vorne. Doch zu viele ungewisse Variablen, insbesondere was den weiteren Verlauf der COVID-19-Pandemie betrifft, beherrschen das Land und lassen kein eindeutiges Stimmungsbild in der Republik zu. Neben dem Dauerthema Pandemie spielen zudem noch viele andere Aspekte eine Rolle bei der Wahl der künftigen Regierungsspitze. Ein häufiger Diskussionspunkt sind zum Beispiel die Steuerpläne der jeweiligen Parteien. Naturgemäß fordern Parteien aus dem eher linken Spektrum eine starke Umverteilung durch Steuern, die mehrheitlich Top-Verdiener belastet.  Die Konservativen und Liberalen befürworten hingegen Steuerentlastungen durch alle Gehaltsklassem hinweg. Summa summarum sind aber alle Parteien des Bundestags einheitlich der Meinung, dass vor allem Gering- und Mittelverdiener steuerlich mehr entlastet werden sollten.

Raus aus dem Börsenmuffel-Land?!

Vom Arbeiter bis zum Spitzenmanager: Steuern gehen uns alle etwas an – insbesondere auch die deutschen Aktiensparer. Und von denen gab es in letzter Zeit erfreulicherweise wieder mehr. Nach aktuellen Zahlen des Deutschen Aktieninstituts haben im Jahr 2020 rd. 12,4 Millionen Deutsche in den Aktienmarkt investiert – das sind 2,7 Millionen Privatanleger mehr als noch im Jahr zuvor. Die sonst eher rudimentär ausgeprägte Aktienkultur in Deutschland erlebt also wieder eine spürbare Belebung. Dank kostengünstiger Depotanbieter und Onlinebroker mit klugen technologischen Lösungen hat vor allem die Millennial-Generation das Aktiensparen für sich entdeckt. Inzwischen herrscht im Börsenmuffel-Land Deutschland immer stärker die Meinung, dass es durch die jahrelang anhaltende Zinsflaute kaum noch sinnvolle Alternativen zu Aktien- und Aktienfonds gibt. Steuerliche Anreize von politischer Seite für das Aktiensparen wären also eindeutig im Sinne der erstarkenden Aktionärskultur hierzulande. Ein Grund mehr die Wahlentscheidung von den Steuerplänen der jeweiligen Parteien abhängig zu machen. Oder etwa nicht?
 
Dieser Frage sind wir anlässlich der in Kürze anstehenden Bundestagswahl etwas genauer auf den Grund gegangen und haben die wallstreet:online-Community mit ihren mehr als 500.000 registrierten finanzaffinen Privatanlegern befragt. Wir wollten wissen, inwiefern die Steuermodelle der politischen Parteien die Wahlentscheidung bei den Aktiensparern beeinflusst. Die Antworten ergaben dabei ein heterogenes Bild. Ein Großteil der Befragten schaut demnach ganz genau auf die Steuerpolitik der einzelnen Parteien: So halten 23,2 Prozent der Befragten die jeweiligen Steuermodelle der politischen Parteien für ihre Wahlentscheidung für „wichtig“; 20,8 Prozent empfinden dies sogar als „sehr wichtig“. Rund 21 Prozent der 3.400 Umfrageteilnehmer der nicht repräsentativen Befragung halten die unterschiedlichen Steuermodelle der Parteien dagegen für unwichtig; rund 19 Prozent für „eher unwichtig“. Daran wird deutlich, dass die Steuerpläne aus den unterschiedlichen Parteiprogrammen zwar nicht der Haupttreiber für das Kreuz auf dem Wahlzettel sein werden, aber für viele eben doch eine sehr entscheidende Rolle spielen – auch wenn andere brisante Themen wie die Klimapolitik oder die Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie zumindest in der medialen Wahrnehmung derzeit stärker dominieren.

Politik muss richtige Signale senden

Wir sind der Überzeugung: Nur durch eine Demokratisierung der Aktie können Probleme wie beispielsweise steigende Altersarmut langfristig gelöst werden. Kleinanleger sollten von den Kursgewinnen der Aktienmärkte profitieren (dürfen), um eine mögliche Rentenlücke adäquat ausgleichen zu können.
 
Die Politik ist deshalb gefordert, eine Vorsorge in Aktien zu fördern und Bürger dazu zu motivieren, eigenständig mit Aktien vorzusorgen – denn Aktiensparen, sei es als Direktinvestment in die Aktie oder über Lösungen wie Investmentfonds oder ETFs, ist mittlerweile alternativlos geworden.

Eine Steuerpolitik, die das erschwert und den Kleinanleger eher belastet als belohnt, wäre in Zeiten wie diesen kein richtiges Signal.
Thomas Soltau ist Co-CEO wallstreet:online capital AG. Der gelernte Bankkaufmann Thomas Soltau stieß bereits 2006 zur wallstreet:online capital AG, seit 2014 ist er Vorstand. Er verantwortet insbesondere den im Dezember 2019 eingegliederten Smartbroker - ein vollwertiger Online-Broker mit Discountkonditionen.