Olympische Spiele: Positives Verlustgeschäft

John Vail, Nikko AM
John Vail / Bild: Nikko AM
Wenn die Olympischen Spiele am Freitag endlich eröffnet werden, wird der Seufzer der Erleichterung bis zu uns zu hören sein. Begeisterung entfachen die Spiele dagegen nur wenig– und doch haben sie ihr Gutes.
Das IOC hat seine Pläne trotz bestehender Risiken weiterverfolgt. Dabei spielen nicht zuletzt finanzielle Verpflichtungen eine Rolle, auch wenn für Japan selbst ein finanzielles Minus bleiben wird.
Die Regierung in Tokio möchte ihr Versprechen einlösen und die Veranstaltung durchführen. Nach vielen Monaten des Zauderns haben die USA und die gesamte G-7 vor kurzem endlich ihre Unterstützung für Japans große Bemühungen zugesagt, eine „sichere“ Olympiade für die Weltgemeinschaft auszurichten. Die ganze Angelegenheit spielt sich jetzt größtenteils in einer Blase ab, innerhalb derer sogar die nationalen Mannschaften voneinander isoliert werden. Außerhalb des „Ausnahmezustands“ in der Region Tokio verläuft das Leben viel normaler, zumal die gefährdeten Altersgruppen so vollständig wie möglich geimpft sind.

Argumente für Japans Aktienmarkt

Kritik gibt es reichlich an den schwierigen Entscheidungen entlang des schmalen Grats zwischen dem Schutz vor dem Virus und der Beschädigung des sozialen und wirtschaftlichen Gefüges des Landes. Angesichts der Schutzmaßnahmen dürften die Spiele jedoch gut verlaufen. Das internationale Lob für Japan wird eine große Erleichterung sein. In der Folge könnten heimische und ausländische Investoren viel optimistischer auf japanische Aktien blicken, zumal viele Argumente für diese Assetklasse sprechen:
  • Die Bewertungen sind sehr niedrig.
  • Die Gewinnschätzungen der Unternehmen steigen.
  • Die globale Nachfrage wird die japanischen Exporte ankurbeln.
  • Die Chip-Knappheit lässt nach und die japanischen Autoexporte (und die verlegte Produktion) dürften die Gewinne in diesem wichtigen Sektor wieder ankurbeln.
  • Technologienahe Sektoren dürften weiter ansteigen.
  • Exporte, Umweltausgaben und andere Investitionen im Inland bergen Wachstumspotenzial.
  • In Kombination mit diesen Faktoren wird der steigende private Binnenkonsum zu einem BIP-Anstieg nach dem Sommer führen.
  • Die Befürchtungen eines Führungswechsels bei den Wahlen im Herbst werden sich wahrscheinlich zerstreuen (und selbst wenn es zu einem personellen Wechsel kommt, dürfte die LDP fest an der Macht bleiben).

Wer hätte die Spiele besser ausrichten können?

Obwohl alle diese Kräfte in eine positive Richtung wirken, werden einige Investoren wieder mit Gegenargumenten aufwarten. Sie sollten sich jedoch fragen, welches Land die Ausrichtung dieser Olympiade besser bewerkstelligt hätte. In anderen Ländern hätte es womöglich Aufruhr und Krisen gegeben. Bleibt zu hoffen, dass die Welt von dieser kooperativen Veranstaltung profitiert und die Länder lernen, fair miteinander zu konkurrieren und nicht nur aus ihrer eigenen Perspektive heraus zu agieren. Auch das mögen viele für blauäugig halten. Aber selbst eine geringe Verbesserung gegenüber dem heutigen Klima wäre zu begrüßen, angesichts der gefährlichen Abgründe, die sich etwa im Nahen Osten und China auftun.
John Vail ist Chief Global Strategist bei Nikko Asset Management