Aktienkurse nahe Allzeithochs mit grundsätzlich positiven Perspektiven

Carsten Mumm, Privatbank Donner & Reuschel
Carsten Mumm / Bild: Privatbank Donner & Reuschel
Anders als die kanadische Notenbank, die die Volumina ihrer Wertpapierkäufe langsam drosseln will, bleiben sowohl die EZB als auch die US-Notenbank Fed vorerst bei ihrem ultra-expansiven geldpolitischen Kurs. Unisono wurde im April verkündet, dass es für einen Kurswechsel noch zu früh sei, in den USA weil das Ziel der Vollbeschäftigung am Arbeitsmarkt noch nicht erreicht wurde, in Europa weil die Finanzierungsbedingungen für Staaten und Unternehmen angesichts der anhaltenden Lockdown-Maßnahmen günstig gehalten werden sollen. Zudem sei in der Eurozone noch kein nachhaltiges Erreichen des Inflationsziels von nahe aber unter zwei Prozent erkennbar, so EZB-Präsidentin Christine Lagarde. Auch von fiskalischer Seite werden Volkswirtschaften, Unternehmen und Menschen weiter unterstützt. Dabei steht in den USA das sich gerade in den Verhandlungen befindliche, eventuell über zwei Billionen US-Dollar umfassende Infrastrukturpaket im Fokus.

Auszahlungen in der EU beginnen

In der Eurozone werden die Voraussetzungen für die ersten Auszahlungen aus dem EU-Wiederaufbaufonds geschaffen, wovon vor allem die besonders hart von der Pandemie getroffenen Staaten profitieren sollen, beispielsweise Italien oder Spanien. Da die Auszahlungen an konkrete Vorgaben bzgl. der Mittelverwendung geknüpft sind – allen voran Investitionen in ökologische Nachhaltigkeit sowie die Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit und der Produktivität der Volkswirtschaften – ist die Hoffnung auf damit einhergehende Strukturreformen nicht unbegründet. Auch aufgrund der zuletzt vermeldeten sehr positiven Unternehmensergebnisse, sind die derzeitigen Höchststände bei vielen Aktienindizes nicht unbegründet. Grundsätzlich sprechen diese Aspekte auch für weiterhin stabile Aktienkurse.

Pandemie bleibt das Kernrisiko

Allerdings rückte mit der ausufernden Pandemie in Indien das nach wie vor bestehende Kernrisiko für die Kapitalmärkte erneut in den Vordergrund. Zudem muss man sich fragen, woher in den kommenden Monaten ausreichend positive Überraschungen resultieren sollten, welche die weit in die Zukunft blickenden Anleger zu Anschlusskäufen motivieren könnten. So werden für die am Freitag dieser Woche anstehende Veröffentlichung der US-Arbeitsmarktdaten für April ein erneuter Anstieg der neu geschaffenen Stellen auf knapp 900.000 und ein Absinken der Arbeitslosigkeit auf 5,8 Prozent erwartet. Es ist daher gut möglich, dass der deutliche Kursanstieg seit dem Jahresanfang zunächst einmal verarbeitet werden muss und sich in den kommenden Monaten eine volatilere Phase an den Börsen anschließt.
Carsten Mumm ist Chefvolkswirt der Privatbank DONNER & REUSCHEL. Er ist verantwortlich für die Erstellung der Konjunktur- und Kapitalmarktprognosen sowie der kapitalmarktrelevanten Publikationen. Zuvor verantwortete er die Vermögensverwaltung für private und institutionelle Kunden, das Management von Spezial- und Publikumsfonds sowie die hauseigenen Research-Tätigkeiten. Der gelernte Bankkaufmann und studierte Diplom-Volkswirt ist seit 1998 im Bereich Kapitalanlage beschäftigt. 2006 qualifizierte er sich zum Chartered Financial Analyst.