US-Zölle und deutsche Investitionsoffensive sorgen für Volatilität

In den letzten Wochen waren die Anleihemärkte erheblichen Schwankungen ausgesetzt, was vor allem auf eine Flut von Ankündigungen aus dem Weißen Haus zurückzuführen war. Die von US-Präsident Donald Trump verhängten neuen Zölle sorgten für Unsicherheit an den Märkten – darunter 25 Prozent auf Importe aus Kanada und Mexiko, die am 4. März in Kraft traten, sowie eine zusätzliche Abgabe von 10 Prozent auf chinesische Importe. In Europa hielten die politischen Ereignisse die Märkte in Atem. Die mit Spannung erwarteten Wahlen in Deutschland endeten mit einem Sieg der Konservativen (CDU) und der Bundestag beschloss sehr bedeutende fiskalische Mittel in Höhe von über 900 Milliarden Euro. Dieses für das europäische Wachstum positive Ereignis wird durch die mögliche Ankündigung von Trumps Zöllen gegen die EU konterkariert, die sich negativ auf das Wachstum auswirken dürften.

Nicolas Jullien, Candriam

Die Zinskurven in Europa wurden aufgrund des erhöhten Bedarfs an Verteidigungsausgaben und der damit verbundenen Emission von Staatsanleihen steiler. Das von Deutschland zugesagte Konjunkturpaket in Höhe von 900 Milliarden Euro ist sehr umfangreich und hat sich bereits auf die Zinsmärkte ausgewirkt. Die Kurve ist in den letzten Tagen deutlich steiler geworden – am langen Ende der Kurve mit über 50 Basispunkten deutlich stärker als am kurzen Ende. Dementsprechend verzeichnete die deutsche Zinskurve bei 10-jährigen Laufzeiten den stärksten Anstieg, so dass sich am langen Ende der Kurve mit Renditen von knapp 3 Prozent eine Chance auftat. Tatsächlich verzeichnete die 10-jährige deutsche Staatsanleihe nach der Ankündigung den größten Zinsanstieg an einem Tag seit der Wiedervereinigung.

Die Märkte warten eindeutig auf Trumps Zölle gegen Europa und wir gehen davon aus, dass sie sofort Wirkung zeigen und das Wachstum, das sich in der Eurozone bereits verlangsamt, negativ beeinflussen werden. Auf der anderen Seite wird die deutsche Regierung Anleihen ausgeben müssen, um die umfangreichen fiskalischen Konjunkturmaßnahmen zu finanzieren. Dies dürfte die 10-Jahres-Zinsen in die Höhe treiben. Wir gehen jedoch davon aus, dass die Anleiheemissionen nicht sofort erfolgen, sondern über die Jahre 2026 bis 2028 verteilt werden. Daher ist es unwahrscheinlich, dass dieser Aufwärtsdruck so schnell entsteht, und der Markt könnte dieses Risiko überbewertet haben. Vor diesem Hintergrund dürfte das lange Ende der deutschen Zinskurve eine gute Quelle für Carry von knapp 3 Prozent und eine gewisse potenzielle Renditekompression bieten. In der zweiten Märzwoche haben wir die deutsche Bundesanleihe taktisch wieder übergewichtet, um von dem höheren Renditeübertrag in Höhe von fast 0,5 Prozent zu profitieren, der inzwischen eingetreten ist. Wir bleiben bei unserer Short-Position im Bereich der 30-jährigen Bundesanleihen. Wir rechnen zwar mit Trumps Zöllen, aber auch mit viel Volatilität und Diskussionen rund um das Ereignis, weshalb wir flexibel und taktisch vorgehen wollen.

Kreditspreads sind eng und werden es vermutlich bleiben 

Die Rentenmärkte wurden weiterhin durch eine starke Investitionsnachfrage gestützt und die Primärmarktaktivitäten waren stark gezeichnet, wobei die meisten Transaktionen mit geringen bis gar keinen Spreadaufschlägen auf den Markt kamen. Insbesondere US-Blue-Chip-Unternehmen wie zum Beispiel T-Mobile, IBM und einige große Wall-Street-Banken nahmen Euro-Schulden auf. Angelockt wurden sie durch die niedrigeren Kreditkosten, welche eine natürliche Absicherung für Unternehmen darstellen, die nicht in Dollar refinanzieren müssen und gleichzeitig von einer Diversifizierung ihrer Investorenbasis profitieren. Die Ergebnisse der Berichtssaison für das vierte Quartal 2024 in Europa und – in geringerem Maße – in den USA fielen je nach Sektor unterschiedlich aus, was die Bedeutung einer selektiven Emittentenauswahl in einem Markt mit komprimierten Spreads unterstreicht. In den letzten Tagen war die Gesamtperformance europäischer Anleihen relativ kontrolliert – obwohl negativ. Euro-Investment-Grade hat seit dem 28. Februar 1,5 Prozent verloren, was hauptsächlich auf den starken Anstieg der Renditen bei gleichbleibenden Spreads zurückzuführen ist. Euro-High-Yield verlor rund 1,0 Prozent, da sich die Spreads ebenfalls ausweiteten, die Gesamtrendite jedoch aufgrund des höheren Renditeübertrags weniger litt.

Die von Trump angedrohten Zölle und die bereits schwache makroökonomische Lage dürften die Fundamentaldaten der Kreditmärkte belasten und die Spreads kurzfristig erhöhen. Die fiskalische Unterstützung Deutschlands dürfte eher ab 2026 greifen und daher die Spreads bis 2025 kaum belasten. Was die Bewertungen betrifft, so haben sich die Renditen von Investment-Grade – und in geringerem Maße auch von High-Yield – verbessert. Dies ist eine gute Carry-Gelegenheit für Anleger. Allerdings sind die Spreads so eng wie seit Jahrzehnten nicht mehr und daher sehr anfällig für einen Zinsanstieg. Die technischen Fundamentaldaten von Investment-Grade dürften kurzfristig gut bleiben, da Anleger weiterhin in diese qualitativ hochwertige Anlageklasse investieren, um sich Renditeüberträge zu sichern. Trotz des hohen Volumens scheinen die Emissionen gut absorbiert worden zu sein und die Nachfrage dürfte anhalten. Bei Hochzinsanleihen ist jedoch nicht nur mit Mittelabflüssen zu rechnen, sondern es ist auch möglich, dass die Emissionstätigkeit wieder zunimmt und sich die technischen Daten weiter verschlechtern.

Nicolas Jullien

Nicolas Jullien ist Global Head of Fixed Income bei Candriam. Candriam steht für "Conviction AND Responsibility In Asset Management" und ist ein globaler Multi-Spezialist Manager sowie ein anerkannter Vorreiter und eines der führenden Unternehmen im Verantwortlichen Investieren seit 1996. Mit einem Team aus über 600 Mitarbeitern managt Candriam über 149 Mrd. Euro Vermögen (30.06.2024). Das Unternehmen hat Investmentzentren in Luxemburg, Brüssel, Paris und London und betreut Kunden in über 20 Ländern in Kontinentaleuropa, im Vereinigten Königreich, den Vereinigten Staaten und im Mittleren Osten.  Candriam ist ein Unternehmen der New York Life Investments Company. New York Life Investments ist einer der größten Asset-Manager weltweit.

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