Kay van der Kooi, Triodos IM

Mit intelligenten Investitionen zur Energiewende in Europa

Die Energiewende in Europa ist an einem entscheidenden Punkt angelangt. Die ehrgeizigen Dekarbonisierungs- und Nachhaltigkeitsziele treiben den Übergang zu erneuerbaren Energien voran. Gleichzeitig kann das bestehende Stromnetz nicht mit der rasanten Umgestaltung des Energiesystems Schritt halten. Lange Wartezeiten für Netzanschlüsse und Überlastung der Infrastruktur sind beispielhafte Folgen und es stellt sich die Frage, ob der Erfolg der Energiewende nicht zu ihrem eigenen Untergang führen könnte.

Kay van der Kooi, Triodos IM

Der europäische Energiemarkt hat sich im Laufe der letzten Jahrzehnte stark gewandelt. Die Liberalisierung der Märkte ab Ende der neunziger Jahre hat den Verbrauchern die Freiheit der Wahl gegeben und damit Wettbewerb und Innovation gefördert. Die Einführung dezentraler erneuerbarer Energien, wie Wind- und Solarenergie, bringt neue Komplexitäten mit sich. Im Gegensatz zu fossilen Brennstoffen, auf deren Fundament der Energiemarkt ursprünglich gestaltet wurde, erzeugen die Erneuerbaren nicht kontinuierlich Energie, was zu unvorhersehbaren Schwankungen führt. Das Stromnetz, das einst als zuverlässige Einbahnstraße vom Kraftwerk zum Verbraucher konzipiert war, ist unter Druck geraten. Immer mehr Verbraucher fungieren nun auch als Erzeuger, indem sie überschüssige Energie aus ihren Solaranlagen ins Netz einspeisen. Dies führt zu einer Überlastung, die nicht nur neue Projekte verzögert, sondern auch die gesamte Energiewende gefährdet. Die bestehende Netzinfrastruktur ist schlichtweg nicht für das Ausmaß an dezentraler Produktion ausgelegt.

Grundlegende Transformation der Infrastruktur ist notwendig

Ein „intelligentes Netz“ mit Echtzeit-Datenmanagement, verbesserten Speicherlösungen und dynamischen Preismodellen ist entscheidend. Auch ein bewussteres Verbraucherverhalten könnte die Belastung des Netzes erheblich reduzieren. Viele Verbraucher sind sich zurzeit nicht bewusst, wann der Strom am günstigsten oder am besten verfügbar ist. Die Herausforderungen der Energiewende bieten jedoch auch enorme Investitionsmöglichkeiten. Die Volatilität der Energiepreise schafft ein Umfeld, in dem innovative Lösungen gefordert sind. Intelligente Netze, die in der Lage sind, Stromflüsse besser vorherzusagen und zu steuern, können die Effizienz steigern und Engpässe verhindern. Gleichzeitig stellen lokale Energieknotenpunkte, in denen Verbraucher und Erzeuger ihr Angebot und ihre Nachfrage untereinander ausgleichen, eine vielversprechende Lösung für die Netzoptimierung dar.

Trotz dieser unverkennbaren Potenziale bleibt die Finanzierung oft eine Hürde. Institutionelle Anleger suchen nach risikoarmen, skalierbaren Investitionen, während viele neue Energielösungen noch in der Entwicklungsphase stecken. Die Brücke zwischen verfügbarem Kapital und innovativen Projekten zu schlagen, wird entscheidend sein, um die Energiewende voranzutreiben. Wenn das gelingt, beschreitet die Energiewende eine neue Phase. Der Schlüssel zur Aufrechterhaltung dieser Dynamik liegt in der Förderung von Speicherlösungen, intelligenten Netzen und flexiblen Verbrauchsmodellen.

Letztendlich ist die Umstellung auf erneuerbare Energien nicht nur eine Notwendigkeit zur Erreichung der Klimaziele, sondern auch eine strategische und wirtschaftliche Chance für Europa. Mit den richtigen wirtschaftlichen, technologischen und politischen Rahmenbedingungen wird die Energiewende in Europa auf dem richtigen Weg bleiben. Die Märkte entwickeln sich, und die Technologie, um die bestehenden Herausforderungen zu meistern, ist vorhanden. Damit die Energiewende erfolgreich ist, muss das Kapital in die richtigen Projekte fließen und müssen die gesetzlichen Rahmenbedingungen für Innovationen geschaffen werden.

Kay van der Kooi

Kay van der Kooi ist Senior Investment Manager bei Triodos IM. Seit über 30 Jahren bringt Triodos Investment Management Anleger, die ihr Geld in einen dauerhaften, positiven Wandel investieren wollen, mit innovativen Unternehmern und nachhaltigen Unternehmen zusammen, die genau das tun. Die Investitionstätigkeit von Triodos Investment Management konzentriert sich auf fünf miteinander verknüpfte Übergangsthemen: den Übergang bei der Ernährung, den Übergang bei den Ressourcen, den Übergang bei der Energie, den Übergang in der Gesellschaft und den Übergang beim Wohlbefinden. Als Finanzdienstleister hat Triodos Investment Management die Aufgabe, diese grundlegenden Transitionen zu ermöglichen und zu beschleunigen. Verwaltetes Vermögen bis Ende Juni 2024: 5,9 Mrd. Euro. Triodos Investment Management ist ein weltweit tätiger Impact Investor und eine hundertprozentige Tochtergesellschaft der Triodos Bank NV.