Dr. Klaus Bauknecht, IKB Deutsche Industriebank AG

US-Dollar als Leitwährung: Alternativen können nicht überzeugen

Zweifel am Status des US-Dollar als Leitwährung sind nicht neu. Aktuell gerät er erneut durch Politik, Inflation und steigende Schuldenquoten in die Diskussion. Doch mit einer deutlichen Schwächung ist mangels anderer überzeugender Währungen dennoch und weiterhin nicht zu rechnen. Weder der Euro noch der chinesische Yuan bieten plausible Alternativen. Gold mag sich als Instrument zum Werterhalt qualifizieren, aber nur wenn Notenbanken durch anhaltend niedrige Zinsen Inflation schüren. An der Dominanz des US-Dollar im Papiergeldsystem würde dies wenig ändern.

Dr. Klaus Bauknecht, IKB Deutsche Industriebank AG

Die Herabstufung der USA durch Moody‘s auf Aa1 und die anhaltende Konfrontation der USA gegenüber wichtigen Handelspartnern haben erneut Zweifel über den US-Dollar als nachhaltige Leitwährung aufkommen lassen. Volatilität auf den Finanzmärkten, ein fragwürdiges Handeln der Wirtschaftspolitik sowie eine eskalierende Staatsverschuldung stärken diese Zweifel. Argumente, warum der US-Dollar seinen Leitwährungsstatus verlieren könnte, sind jedoch nicht neu. Bereits vor über 30 Jahren wurde argumentiert, dass in Folge des enormen US-Handelsbilanzdefizites der US-Dollar nachhaltig unter Druck kommen und so seine Rolle als Leitwährung einbüßen werde.

Die Handelsbilanz hat sich nicht verbessert, und der US-Dollar hat weder spürbar abgewertet noch seine Leitrolle verloren. Ein Grund liegt im Volumen der finanziellen Transaktionen, die die Bedeutung der Leistungsbilanz relativieren. Laut der Bank of International Settlement werden täglich etwa 7,5 Billionen US-Dollar gehandelt. Zum Vergleich: Für das gesamte Jahr 2024 betrug das US-Handelsbilanzdefizit 1,1 Billion US-Dollar. Die Frage ist also nicht, wie groß das Defizit ist. Die Frage ist grundsätzlich, wie attraktiv in US-Dollar denominierte Anleihen und Vermögenswerte im Vergleich zu Alternativen sind. 

Der Anteil des US-Dollar an den gesamten Devisenreserven geht tendenziell zurück. Mit aufkommenden Währungen großer Volkswirtschaften wie der Euro-Zone oder China ist dies nicht überraschend. Aber noch immer macht der US-Dollar rund 60 Prozent aller Devisenreserven aus.

Was sagt die KI?

Fragt man die KI, werden vier Punkte gegen den US-Dollar als zukünftige Leitwährung genannt. Im Folgenden wird eine Einschätzung zu diesen Punkten gegeben:

  1. Verschuldung der USA: „Die hohe Staatsverschuldung der USA könnte das Vertrauen in den Dollar langfristig untergraben.“
    Höhere Schulden führen zu mehr Investitionsmöglichkeiten in US-Dollar. Auch sollte an der Schuldentragfähigkeit der USA nicht grundsätzlich gezweifelt werden. Schließlich ist die Verschuldung in lokaler Währung. Japan zeigt, dass eine hohe Schuldenquote nicht notwendigerweise mit einem erhöhten Ausfallrisiko oder einer schwachen Währung einhergehen muss. 

    Die Bonitätsverschlechterung der USA, die mit der steigenden Schuldenquote einhergeht, ist ebenfalls zu relativieren. Denn weder der Euro noch der Renminbi sind AA-Währungen, geschweige denn AAA-Währungen. Die USA haben im Vergleich immer noch die höchste Bonität. Nur die Schweiz kann ein AAA vorweisen. Ihr Anteil an den Devisenreserven liegt jedoch bei unter 1 Prozent. Großbritannien, mit einer Bonität von AA3, liegt bei rund 4,5 Prozent. Beide Länder sind viel zu klein, um ausreichende Vermögenswerte zu generieren, damit ihre Währung eine bedeutende Rolle spielen könnte. Nur die Euro-Zone oder China wären hierzu in der Lage. Selbst der japanische Yen macht aktuell nur rund 6 Prozent der Devisenreserven aus.

    Unterschiedliche Einschätzungen über die langfristige Schuldentragfähigkeit mancher Euro-Länder besteht weiterhin. Besonders hervorzuheben ist Italien, mit einer Schuldenquote von fast 150 Prozent, aber auch Frankreich oder Spanien. Drei der vier größten Euro-Länder haben eine Verschuldung von über 100 Prozent des BIP. Da es weiterhin keine integrierten Kapitalmärkte bzw. Eurobonds gibt, belastet eine fehlende Schuldentragfähigkeit einzelner Länder den Euro bzw. das gesamte Eurosystem. Dieses Risiko hat sich dank der Bereitschaft der EZB, länderspezielle Staatsanleihen in großem Stil zu kaufen, reduziert. Dennoch ist der europäische Kapitalmarkt weiterhin fragmentiert, wie unterschiedliche Aufschläge zu Bundrenditen zeigen.
     
  2. Aufstieg anderer Währungen: „Währungen wie der Euro oder der chinesische Yuan könnten an Bedeutung gewinnen und den Dollar herausfordern.“
    Noch ist keine der oft erwähnten Alternativwährungen ein ernster Ersatz. Die Euro-Zone wird immer noch als fragil eingeschätzt, und es fehlt an ausreichenden Vermögenswerten in Form von Eurobonds. Auch bestehen Zweifel, wie weit die EZB im Falle eines möglichen Ausfalls eines Mitgliedslandes gehen kann. Der chinesische Yuan hingegen ist immer noch ein „dirty float“ und wird durch Marktinterventionen der chinesischen Notenbank manipuliert bzw. bestimmt.

    Grundsätzlich haben Japan, China und die Euro-Zone eines gemeinsam: Sie fragen also Vermögenswerte in einer Fremdwährung nach. Ihre Volkswirtschaften liefern keine Devisen und Vermögensbestände in den Rest der Welt, um so anderen Notenbanken die Möglichkeit zu geben, diese als Reserven aufzubauen. Allerdings mögen auch hier Kapitaltransaktionen bedeutender sein. Doch wie attraktiv sind Vermögenswerte in diesen Währungen? China hat Devisenkurskontrollen, Japan bietet kaum Rendite, und die Euro-Zone hat keine integrierten Kapitalmärkte. Die USA haben hingegen freien Zugang zu tiefen Kapitalmärkten mit einer attraktiven realen Rendite. Noch fehlt es also an ernsten Alternativen zum US-Dollar, vor allem, was Investitionsmöglichkeiten angeht.

    Länder mit Leistungsbilanzüberschüssen gelten häufig als wettbewerbsfähiger und wirtschaftlich nachhaltiger als Defizitländer. Doch China, Japan und die Euro-Zone haben ein Wachstumsmodell, das sich auf die Nachfrage anderer Länder stützt. Das US-Wachstum ist hingegen nur von der eigenen Fiskal- bzw. Geldpolitik abhängig und kann somit als um einiges robuster angesehen werden. Hinzu kommt die enorme Liquidität und Tiefe der US-Finanzmärkte, die für viele Länder Liquidität bzw. Anlagemöglichkeiten generieren.
     
  3. Politische Unsicherheiten: „Politische Instabilität oder unvorhersehbare politische Entscheidungen in den USA könnten das Vertrauen in den Dollar beeinträchtigen.“
    Ein Vertrauensverlust äußert sich primär in einer US-Dollar-Abwertung – jedoch nicht zwangsläufig in einem Verlust seines Status als Reservewährung. Über Jahrzehnte hinweg hat sich der US-Dollar gegenüber anderen Währungen als außerordentlich robust erwiesen. Ein gutes Beispiel hierfür ist das Ende von Bretton-Woods Anfang der 1970er-Jahre, als Präsident Nixon die Goldbindung des US-Dollar aufhob und der US-Dollar deutlich abwertete. Doch an Bedeutung hat er nicht verloren. Auch haben alle anderen Währungen gegenüber Gold deutlich abgewertet.

    Und auch hier ist ein Vergleich mit den Alternativen notwendig. Politische Unsicherheiten scheinen in China und ihrem zentral gesteuerten Wirtschaftssystem ebenfalls nicht belanglos. China steht vor großen politischen wie wirtschaftlichen Herausforderungen. Seine Investitionsquote ist zu hoch, die Konsumquote zu niedrig. Die EU hat hingegen zunehmend mit den Erfolgen rechtspopulistischer Parteien zu kämpfen. 

4. Inflation: „Eine hohe Inflation in den USA könnte den Wert des Dollars schwächen.“
Ja, doch das gleiche gilt für die Euro-Zone oder China. Glauben wir, dass die Fed eine höhere Inflation zulassen wird, vor allem im Vergleich zur Euro-Zone oder zu China? Daran ist nach den Erfahrungen der Fed in den 1970er- und Anfang der 1980er-Jahre zu zweifeln. Auch würde dies eher zu einer Abwertung als einem grundlegenden Vertrauensverlust führen.

Einschätzung: Auch Gold ist keine Alternative

Weder der Euro noch der chinesische Yuan sind kurzfristig ernste Alternativen. Der Euro-Zone fehlt es weiterhin an integrierten Kapitalmärkten, während der Yuan kein „free floating“-Devisenkurs ist, sondern durch die chinesische Notenbank manipuliert wird. Deshalb wird noch einige Zeit vergehen, bevor der Renminbi oder der Euro eine ernste Alternative zum US-Dollar werden.

Doch was ist mit der US-Inflation? Führt die Geldpolitik der Fed nicht zu einer Schwächung des US-Dollar und lässt somit Zweifel an seiner Stabilität aufkommen? Manche Marktbeobachter unterstellen der US-Regierung sogar, dass sie den US-Dollar schwächen will. Bei hoher Inflation, aber höherer Zinsen sind die Realzinsen positiv, und der US-Dollar wird relativ stark bleiben bzw. als Werterhalt gelten. Die USA wiesen in den letzten Jahren im Schnitt immer positive reale Zinsen auf – außer in Krisenzeiten. Auch hat die EZB gerade in Krisenzeiten deutlich länger negative Zinsen verfolgt als die Fed.

Das Ziel der Fed ist es nicht, eine starke Währung sicherzustellen. Doch wer hat den größten Vorteil eines starken US-Dollar? Es ist der US-Konsument. Eine starker US-Dollar erhöht die US-Kaufkraft und schafft Raum für niedrige Zinsen; etwas, was selbst Donald Trump befürwortet. Jede Währung – US-Dollar, Euro oder Renminbi – läuft in einer Welt ohne Goldstandard die Gefahr, einer zu expansiven Geldpolitik ausgesetzt zu sein. Dies ist keine Besonderheit des US-Dollar. Deshalb haben alle Währungen in den letzten Jahren deutlich an Wert gegenüber Gold verloren – selbst der Schweizer Franken. Ultimativ wird Gold von einer weltweit steigenden Schuldenquote profitieren – aber auch nur, wenn die Notenbanken genötigt wären, reale Zinsen anhaltend in den negativen Bereich zu senken, um die Schuldentragfähigkeit zu sichern. Die Folge wäre eine breite Abwertung des Papiergelds. Wie die Geschichte zeigt, würde dies die Dominanz des US-Dollar als präferierte Papierwährung nicht unbedingt mindern.

Die IKB erwartet infolge sinkender Fed-Zinsen einen schwächeren US-Dollar im weiteren Verlauf des Jahres 2025. Die US-Wirtschaft wird aber mittelfristig weiter überzeugen können. Eine anhaltende bzw. deutliche US-Dollar-Schwäche gegenüber dem Euro ist nicht zu erwarten – auch weil der Euro bzw. die Euro-Zone nicht überzeugen kann.

Nachgedanke: Ist Bitcoin eine Alternative?

Immer wieder kursieren Argumente für Bitcoin als potenzielle Weltwährung der Zukunft. Ein mögliches Pro-Argument für den Bitcoin als zentrale Weltwährung wäre die Unabhängigkeit der Währung von Zentralbanken und damit institutionsinduzierter Auf- bzw. Abwertung. Gerade in Zeiten von ansteigender Schuldenquoten und jüngster Inflationssorgen gewinnt das Argument einer „unabhängigen Währung“ an Bedeutung. Bitcoin wie Gold wird als letzte Verteidigung für Werterhalt gesehen. Anders als Gold hat Bitcoin jedoch keinen Eigenwert.

Bitcoin ist auf 21 Millionen Einheiten begrenzt. Durch eine solche Begrenzung ist keine Geldmengenausweitung möglich. Wachstum ginge somit immer mit einer Aufwertung des Bitcoins und damit Deflation einher. Die deflationären Tendenzen würden auch einer florierenden Wirtschaft entgegenstehen, da die erwartete Aufwertung Anreize zum Horten und nicht zum Ausgeben mit sich bringen würde. Nur ständig neue „Bitcoin-Währungen“ würde dem gegensteuern, was jedoch den Werterhalt und die Glaubwürdigkeit des Bitcoin in Frage stellen würde.

Klaus Bauknecht

Dr. Klaus Bauknecht ist als Chefvolkswirt der IKB Deutsche Industriebank AG verantwortlich für die volkswirtschaftlichen Analysen, Prognosen und Einschätzungen der Bank. Er schreibt zu aktuellen und übergeordneten Konjunktur-, Volkswirtschafts- und Marktthemen. Zudem kommentiert er regelmäßig konjunkturelle Entwicklungen in renommierten Wirtschaftsmedien und ist mit seinen pointierten Präsentationen häufiger Gast bei Verbänden und Unternehmen.  Zuvor arbeitete Klaus Bauknecht in verschiedenen leitenden Positionen anderer Banken und im südafrikanischen Finanzministerium.

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