Dr. Jürgen Michels, BayernLB

Geld allein ist nicht die Lösung

Während die Trump-Administration, wenig beeindruckt von der schwachen Wallstreet, an einem breit angelegten Zollpaket arbeitet, das am 2. April präsentiert werden soll, und immer offensichtlicher die Rechtsstaatlichkeit attackiert, versucht Europa sich militärisch eigenständig aufzustellen. Dieses Ziel wird es jedoch nur durch beherzte Reformen erreichen können. Wie auch bei den schwarz-roten Koalitionsverhandlungen in Deutschland gilt, dass Geld (auf Pump) die Probleme allein nicht lösen kann.

Dr. Jürgen Michels, BayernLB

Die vom scheidenden Bundestag beschlossenen Verfassungsänderungen geben trotz der de facto weiterbestehenden Schuldenbremse den künftigen Regierungen weitreichende Verschuldungsmöglichkeiten, die Deutschland in den kommenden Jahren wahrscheinlich in Konflikt mit dem europäischen Stabilitäts- und Wachstumspakt bringen werden. Die zögerliche Inanspruchnahme der neuen EU-Regeln für Rüstungsausgaben in anderen EU-Ländern deutet darauf hin, dass diese die neue deutsche Ausgabenfreude nutzen dürften, um die europäische Verteidigung künftig gemeinschaftlich (mit EU-Bonds) anstatt national zu finanzieren. Damit dies nicht in einer Fehlallokation von Ressourcen in gigantischem Ausmaß endet, braucht es dringend eine Überarbeitung der europäischen Sicherheits- und Beschaffungsarchitektur. Das Gleiche gilt für die deutsche Politik: Ohne weitreichende Strukturreformen zur Verbesserung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen werden hunderte von Milliarden geplanter Infrastrukturinvestitionen erst gar nicht umgesetzt werden, geschweige denn das niedrige Potenzialwachstum beleben können. 

Reaktionen der Finanzmärkte überzogen

Die Reaktionen der Finanzmärkte auf das deutsche Fiskalpaket – Renditesprung bei langfristigen Bunds und DAX-Hausse – erscheinen daher kurzfristig überzogen. Trotz anhaltenden Gegenwinds durch sich verschärfende globale Handelskriege, der selbst bei einem etwaigen Friedensabkommen in der Ukraine so schnell nicht abflauen dürfte, erwarten wir für 2026 eine Verdoppelung des deutschen BIP-Wachstums auf 1,4 Prozent. Mit steigender Emissionstätigkeit des Bundes dürfte die Rendite der 10-jährigen Bunds auf Sicht von 12 Monaten auf 3,1 Prozent ansteigen und der Dax die Marke von 24.400 erreichen. Branchen, die direkt von den Ausgabenprogrammen profitieren, sollten dabei „outperformen“, während zinssensitive Branchen und gewerbliche Bestandsimmobilien unter Druck geraten dürften

Jürgen Michels

Dr. Jürgen Michels ist Chefvolkswirt und Leiter Research der BayernLB in München. Vor seinem Start bei der BayernLB arbeitete er zwischen 2002 und 2013 als kapitalmarktorientierter Euro-Raum Volkswirt bei der Citigroup in London, seit  2008 als Euro-Raum Chefvolkswirt. Von 1997 bis 2002 war er als Volkswirt bei Sal. Oppenheim in Köln und von 1996 bis 1997 als Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Internationale Wirtschaftspolitik der Universität Bonn tätig. Dr. Michels studierte Volkswirtschaft an der Universität Bonn. Er promovierte mit einer Arbeit zu Zentralbankstrategien an der Universität Frankfurt.