Börse im Fahrstuhl

Zölle, Teil eins
„Ist Ihr Geld noch gut angelegt?“, fragt die Abendzeitung auf der Titelseite und bezieht sich auf den „Schwarzen Montag“. Manche dachten da beim Blick ins Depot, ob überhaupt noch etwas angelegt ist. „Ein historisches Börsenbeben“, bringt es Die Welt auf den wackeligen Punkt. „Trump lehrt Börsianern das Fürchten“, schreibt die Börsen-Zeitung – dabei wussten wir auch ohne Trump, wie das geht. Wie reagieren? „EU stimmt über Gegenzölle ab“, meldet die Süddeutsche Zeitung, während der Münchner Merkur berichtet: „EU bietet Trump Deal an“. Die Börsen-Zeitung präzisiert: „Europas Null-Zoll-Offerte macht Anlegern Hoffnung“. Leider zeigt Trump Null-Bock auf Null-Zoll, weshalb die Hoffnung schnell wieder platzt. Anders reagiert das Land der Mitte: „China schießt im Zollstreit scharf zurück“, findet die Börsen-Zeitung treffsicher.
Zölle, Teil zwei
Um 90 Tage setzt Donald Trump seine Zölle wieder aus, in dieser Zeit sollen die Länder mit ihm verhandeln, was er einigermaßen drastisch ausdrückt und wir zur Vorsicht die seriöse Süddeutsche Zeitung zitieren: „Trump: ‘Diese Länder rufen uns an und küssen mir den Arsch’“, was, per Telefon betrieben, etwas unsere Vorstellungskraft sprengt . Aber dieses Umfallen katapultiert die Börsen wieder in ungeahnte Höhen, zumindest für einen Tag: „Märkte feiern Trumps Kehrtwende – doch Analysten sind skeptisch“, erklärt das Handelsblatt und Börse Online freut sich: „Plötzlich gewaltige Kursgewinne: Börse jubiliert, weil Trump Zölle pausieren lässt“. Die Welt greift zur Pistole: „US-Börsen schießen nach Ankündigung von Zoll-Pause hoch“.
Clever mit Panik
Bleibt die Frage, ob die Finanzmagazine auf diese Börsen-Kapriolen rasch antworten konnten. Elegant aus der Affäre zieht sich Focus Money, denn das Blatt widmet sich den „besten Börsenstrategien: Reich mit System“. Der Aktionär lässt Trump eine imaginäre Treppe hinabsteigen, gebildet aus den Buchstaben für CRASH. „Panik clever nutzen: 5 Aktien für die Gegenbewegung“, heißt es dazu. Trumps eigene Aktie ist im Übrigen nicht dabei, soviel sei verraten, dafür drei Titel aus Deutschland. Auch Börse Online bewegt sich noch im Crash-Modus: „Crash? Gold!“, kommt gleich die Alternative, deshalb wird das Titelbild garniert mit Goldbarren und einem nach unten zeigenden Kursverlauf. Und zum Gold kommt noch ein „Plus: Bitcoin, Silber und Platin“ zwecks Diversifizierung. Ganz oben im Eck blickt ein unwirscher Musk auf uns herab, denn es gibt ein „Blutbad bei BigTechs“. Und Crash ist für einen Autofabrikanten ja doppelt misslich. Trump als Clown in den US-Farben schmückt hingegen Euro am Sonntag: „Börsen-Wahnsinn“ heißt es dazu, „so retten Sie Ihr Geld“. Wir ahnen, lustig geht anders.
Ist Deutschland zurück?
Unter ging in all dem Trubel fast, dass sich CDU, CSU und SPD auf ein Regierungsprogramm geeinigt und die Ministerposten verteilt haben. Die Euphorie hält sich allenthalben in Grenzen, an der Börse war sie zumindest nicht wirklich zu spüren. Einen nicht unwichtigen Grund nennt die Börsen-Zeitung: „Neue Regierung lässt sich Zeit mit Entlastung der Wirtschaft“. Der Münchner Merkur zitiert den wahrscheinlich nächsten Kanzler: „Merz: Deutschland ist zurück“. …geblieben, sind wir fast versucht, hinzuzufügen. Nüchtern schreibt das Handelsblatt: „Koalitionsvertrag steht“. Nur wo? Im Blatt konkretisiert das Handelsblatt dann die Zusammensetzung der neuen Regierung: „So verteilen Union und SPD die Ministerien“. Die SPD erhält sieben Ministerien und damit genauso viele wie die CDU, die CSU bekommt drei. Eine Korrelation zu den Wahlergebnissen scheint es da nicht zu geben. „Na, dann mal los!“, ruft die Abendzeitung der neuen Regierung zu, wir sind uns nicht ganz sicher, ob das nicht einer Drohung gleichkommt. Die Welt beruhigt uns Bayern: „CSU billigt schwarz-roten Koalitionsvertrag“. Da sind wir froh.